Mittelstand
auf der (Marketing-)Bremse?

 

Zugegeben, nie zuvor gab es so zahlreiche gute Gründe, jede Marketing-Ausgabe auf den Prüfstand zu stellen. Zurückhaltende Verbraucher mit Zukunftsangst, massiver Strukturwandel im Einzelhandel, „Geiz-Ist-Geil-Mentalität“, beschleunigter technologischer Wandel und nicht zuletzt die Folgen der Globalisierung haben uns Marktbedingungen beschert, in denen das Überleben für manches Unternehmen schon als Erfolg gewertet werden kann. Klar dürfte sein, dass uns auch bei anspringender Binnenkonjunktur der größte Teil dieser Rahmenbedingungen erhalten bleiben wird. Als leuchtendes Beispiel lässt sich das rasante Wachstum der Digitalfotografie nennen, das gleichzeitig ein beschleunigtes Sterben des Fotofachhandels mit sich bringt und stabil geglaubte Großunternehmen, wie z.B. Agfa, ins Wanken bringt.

Während der mittelständische Einzelhandel große Teile des Marketingbudgets einspart, geben die großen Handelsketten so richtig Gas und erhöhen den Werbedruck über alle Medien hinweg. Tchibo geht noch weiter und setzt zusätzlich zur massiven Werbung auf den direkten Kontakt zum Kunden. 52 E-Mail-Newsletter pro Jahr und der periodische Versand von Katalogen stimulieren den Absatz.

Nicht nur der Einzelhandel, sondern auch alle Business-to-Business-Anbieter aus dem Mittelstand stehen vor neuen Herausforderungen, die sich vor allem aus dem globalen Wettbewerb und der damit verbundenen Konkurrenz aus den sog. Billiglohnländern ergibt.

Dieser Blick auf diese zum Teil bitteren Realitäten sollte jedoch die Sicht auf das Machbare und Notwendige nicht versperren.

Wie sehen Ihre Kunden Ihr Unternehmen?

Auch in Zukunft werden Unternehmen das, was sie produzieren und anbieten, ausgewählten Zielgruppen vermitteln müssen. Einige vergessen das momentan und leben von der (Kunden-)Substanz.

Marketing heißt säen – Vertrieb heißt ernten!

Dieser einfachen wie logischen Weisheit folgt, dass Marketing nicht nur den aktuell geplanten Absatz unterstützen muss, sondern vor allem die Geschäfte der Zukunft zu sichern hat. Es kommt also darauf an, die Frage zu beantworten: „Wie sollen die Kunden unser Unternehmen in Zukunft wahrnehmen, damit sie Kunden bleiben oder Kunden werden?“ Eine Antwort darauf ist nicht möglich ohne das Wissen über das aktuelle Meinungsbild der Kunden auf Ihr Unternehmen. Denn jedem Anbieter messen die Kunden aus ihrer subjektiven Sicht eine spezifische Kompetenz, eine Nutzenerwartung und einen Sympathiefaktor bei, der als Status für eine Beziehung oder Bindung gewertet werden kann, die in der Regel sowohl rational als auch emotional geprägt ist. Und genau dieser Beziehungsstatus kann sich im Plus oder im Minus befinden. Die zugewiesene Kompetenz und Nutzendimension kann klar oder unklar sein. Leider sind diese Faktoren im Kopf des Unternehmens-Managements klar, im Kopf des Kunden jedoch oftmals völlig diffus. In diesem Fall lautet die Diagnose: Unklare oder diskontinuierliche Kommunikation führt zu unklaren Meinungsbildern, diffusen Einordnungen und in der Folge zu einer schwachen Wettbewerbs-Position.

Der von Ihren Kunden erkannte positive Unterschied zu Ihren Wettbewerbern ist am Ende der spielentscheidende Erfolgsfaktor.

Kluge Fragen – kluge Antworten!

Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse stellt sich nun die Frage: „Was ist zu tun?“ Nachdem Sie wissen, wie Ihr Unternehmen von Ihren Kunden im Vergleich zu Ihren Wettbewerbern bewertet wird, sollten Sie sich überlegen, wie die Kunden in Zukunft über Sie denken sollen. Diesen Überlegungen sollte eine Festlegung folgen, die Sie möglichst schriftlich formulieren und mit Ihren wichtigsten Mitarbeitern diskutieren und sie dafür begeistern. Diese Involvierung Ihres Teams sichert Ihnen in früher Phase eine dauerhafte Unterstützung und verbessert das Verständnis für Ihre zukünftigen Werbeversprechen, deren Einlösung schließlich die Aufgabe aller im Unternehmen ist.

Nun stellt sich eine neue Frage: „In welche Richtung wollen und werden Sie die Produkte und Leistungen Ihres Unternehmens in Zukunft entwickeln?“ Mit der Summe der Antworten auf diese einfachen, aber klugen Fragen haben Sie bereits die wesentliche Grundlage für eine erfolgversprechende Kommunikations-Strategie geschaffen. So einfach ist das? Ja, so einfach ist das – und dennoch bleiben diese Fragen oftmals unbeantwortet, mit der Folge, dass Werbung ohne die „Stimme“ des Kunden gemacht wird und damit meistens wirkungslos bleibt. So wird jede Werbung zur teuren und nutzlosen Investition.

Was ist relevant für den Kunden?

Bevor über Maßnahmen oder deren Gestaltung gesprochen wird, gilt es, die richtigen „Kernbotschaften“ Ihres Unternehmens herauszuarbeiten. Dabei sind drei Fragen von entscheidender Bedeutung:

  1. Heben wir uns mit dieser/n Botschaft/en vom Wettbewerb positiv ab?
  2. Sind die Botschaften für die Kunden wirklich relevant?
  3. Vermitteln wir den Nutzen und das Ergebnis unserer Produkte und Leistungen überzeugend genug?

Nur wenn Sie auf alle drei Fragen mit gleicher Priorität eine Antwort finden, haben Sie einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zu einer erfolgreichen Werbung erreicht.

Gestaltung strukturiert und schafft emotionale Anziehungskraft.

Die formale Gestaltung einer Werbebotschaft, die Tonalität des Textes und die visuelle Aufbereitung bilden die „Verpackung“ Ihrer Botschaft – ganz so wie bei einer Pralinenpackung, deren Inhalt vorwiegend über die Anziehungskraft der Außenhülle verkauft wird. Eine Binsenweisheit, die sich längst auch unter Marketing-Laien herumgesprochen hat. Dennoch stellt in einer Welt der Informations- und Reizüberflutung das Finden einer wirkungsvollen Gestaltung eine große Herausforderung dar, die ebenfalls nur mit einer guten Portion analytischer und strategischer Vorgehensweise zu bewältigen ist – Kreativität und Gespür sind dabei Voraussetzung, jedoch keinesfalls alleine ausreichend. Schließlich sind Gestaltungsaufgaben in der Regel mehrdimensional. Da ist zunächst das Schaffen oder Bewahren der Identität einer Marke zu berücksichtigen. Ist diese über alle Medien hinweg durchgängig sichergestellt, kommt es darauf an, die nötige Aufmerksamkeitsstärke zu erzielen, um die Wahrnehmung der Botschaft wahrscheinlicher werden zu lassen. Aber auch damit ist es nicht genug. Aufmerksamkeit hat erst dann einen Wert, wenn sie hilft, die eigentliche Botschaft zu vermitteln und Emotionen des Betrachters freizusetzen, die den Wunsch nach Ihrem Produkt auslösen oder verstärken.

Wenn Sie nur diese genannten Kriterien heranziehen, wird schnell klar, dass Werbegestaltung keinesfalls dem zweckfreien Schaffen von Kunstwerken gleichkommt, sondern harte zweck- und zielgebundene Arbeit ist, die in die Hände von Fachleuten gehört. Und am Ende muss die Wirkung messbar sein.

Auf welchen Kommunikationskanälen senden Sie?

Die richtigen Botschaften, ein wirkungsvolles kreatives Konzept liegen vor. Und nun? Jetzt muss das Ganze lediglich noch in den Markt transportiert werden. Die Vielfalt der Kommunikationskanäle, die lautstarken Wirkungsversprechen der Medien, die eigenen Erfahrungen, die neuen Möglichkeiten der Online-Kommunikation – wie soll man da noch durchblicken? Alle wollen Eines: Ihr Geld! Darin ist grundsätzlich nichts Verwerfliches zu sehen, denn jeder, der Ihnen eine Werbeplattform anbietet, betreibt dies als sein Geschäft und will Geld verdienen. Die Folge ist lediglich, dass es für die werbetreibenden Unternehmen sehr schwer ist, bereits vor der Geldausgabe eine möglichst objektive Wirkungsvorausschau zu haben. Da diese in der Regel fehlt, verlässt man sich im Mittelstand auf Erfahrungen aus der Vergangenheit. Konzerne hingegen messen die Wirkung ihrer Werbung nach allen Regeln der (Marktforschungs-)Kunst und optimieren nach weitgehend objektiven Kriterien ihre Maßnahmen kontinuierlich. Doch welche Möglichkeiten bieten sich dem Mittelstand? Ein Patentrezept dazu gibt es nicht, alleine schon wegen der extrem großen Unterschiede der Branchen, der Aufgaben und Ziele. Ganz grob und plakativ lassen sich jedoch einige übergeordnete Empfehlungen geben:

  • Ausreichende Reichweite (prozentualer Anteil Ihrer Gesamtzielgruppe) und Kontaktfrequenz (Anzahl der Werbekontakte in einem definierten Zeitraum) in Ihrer Zielgruppe sollte sichergestellt werden. In dieser „Massenkommunikation“ kann Weniger Mehr sein. Lieber in wenigen Medien häufig und stark präsent sein als in vielen Medien unter der Wahrnehmungsschwelle bleiben.
  • Eine Ausreichende Kontakt-Intensität, d.h. die Nutzung von Medien, die deutlich mehr als flüchtige Kontakte ermöglichen, sollte ebenfalls angestrebt werden. Neudeutsch nennt man diesen Weg „One-to-One-Marketing“. Dazu zählen Messen, Hausmessen sowie alle direkten und persönlichen Kontakte, ob über Mailings, Telefon oder E-Mails - Hauptsache individuell und persönlich. In dieser Disziplin stecken gerade für den mittelständischen Einzelhandel große ungenutzte Reserven.
  • Im Internet das Informations- und Kontaktbedürfnis zu Ihrem Unternehmen und Ihren Produkten rundum befriedigen. Die wichtigsten Informationen sollte es jedoch nur gegen Nennung der Adresse geben, damit Sie Ihre Interessenten auch kennen lernen und „nachfassen“ können.
  • Die Chancen der aktiven Online-Kommunikation konsequent nutzen und Erfahrungen sammeln.

Wer am Ende dieses Beitrags die „zehn konkreten Erfolgsregeln für wirkungsvolle Werbung“ erwartet hat, ist sicher enttäuscht. Seriöse Fachleute wissen jedoch längst, dass solche Regeln nicht mehr als „Krücken“ sind, mit denen der „Marathonlauf erfolgreicher Werbung“ keinesfalls zu gewinnen ist. Jedes Unternehmen ist ein Individuum, das sich in einem spezifischen Marktumfeld bewegt. Deshalb brauchen spezifische Fragestellungen stets spezifische Antworten. Standardisierbar ist lediglich der Prozess der Entstehung von Werbung oder die Optimierung. Das Ergebnis wird auch in Zukunft immer ein individuelles bleiben müssen - so individuell und originell wie die Unternehmen nun mal sind.

Sollten Sie Fragen oder Anregungen haben, schreiben Sie mir.

Wendelin Abresch

CONCENCE
Marken Menschen Medien GmbH, Montabaur

abresch@concence.de